Mit der Besetzung des Rheinlandes nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1918 verhängten die Besatzungsmächte mit dem Hinweis auf den „Ernst der Lage“ ein Karnevalsverbot. Erst 1925 wurde dieses Verbot zumindest für öffentliche Sitzungen und Maskenbälle aufgehoben. Das närrische Treiben auf den Straßen blieb aber weiterhin verboten wie nachfolgende Veröffentlichung vom 10. Februar 1925 zeigt.
„§ 1. Die Veranstaltungen öffentlicher karnevalistischer Umzüge und sonstige karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel sowie die Teilnahme und die Aufforderung zur Teilnahme an denselben sind verboten.“
„§ 2. Verboten ist auf öffentlichen Straßen und Plätzen: 1) das Tragen karnevalistischer Verkleidungen oder Abzeichen jeder Art; 2) das Singen, Spielen und Vortragen karnevalistischer Lieder, Gedichte und Vorträge; 3) das Werfen von Luftschlangen, Konfetti und dergl.;“
Wie sehr sich die Grevenbroicher das närrische Treiben wohl zurück wünschten, zeigen die vielen Anzeigen zu den verschiedenen Feierlichkeiten, die bereits kurz nach Aufhebung des Verbots in der Grevenbroicher Zeitung erfolgten. Fast jedes Dorf und jede Gaststätte mit einem Saal lud zu einer Veranstaltung in den Jahren 1925 und 1926 ein.
Im Jahr 1928 wurden dann auch wieder öffentliche karnevalistische Umzüge sowie größere karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel erlaubt.
„§ 1. Öffentliche karnevalistische Umzüge sowie größere karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel sind in kreisangehörigen Gemeinden nur mit Genehmigung des Landrats, in Stadtkreisen der Ortspolizeibehörden zulässig.“
Bereits zwei Jahre vor der Machtergreifung verbot Hitler den Parteiorganisationen jegliche Karnevalsveranstaltungen.
„Hitler verbietet Bälle usw.
München, 22. Jan. Im „Völkischen Beobachter“ ist die folgende Verfügung Adolf Hitlers vom 20. Januar enthalten: Im Hinblick auf die allgemeine Notlage verbiete ich mit sofortiger Wirkung allen Parteiorganisationen karnevalistisches Treiben, Bälle usw. zu veranstalten, oder sich an derartigen Veranstaltungen zu beteiligen. Wo bereits solche Veranstaltungen angesetzt sind, steht es frei, diese in solche Abende, die von nationalsozialistischem Geist getragen sind, umzugestalten.“
Mit der Machtübernahme im Jahr 1933 wandelte sich diese Einstellung jedoch schlagartig, denn die Nationalsozialisten erkannten, den Karneval als Propagandamittel für ihre eigenen Zwecke nutzen zu können. Durch die Übernahme der Organisation von Sitzungen und Umzügen gelang es ihnen immer mehr den Karneval zu steuern. 1936 hatte Grevenbroich zahlreiche Veranstaltungen zu Karneval zu bieten.
Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024