Ein Beitrag von Stefan Faßbender (Arbeitskreis Familienforschung).
So einfach wie wir den Handel heute mit Online-Riesen, Privatverkäufen, usw. kennen, war er lange Zeit nicht. In alten Unterlagen meines Großvaters bin ich vor Jahren auf eine „Legitimationskarte für Kaufleute, Handelsvertreter und Handelsreisende für einen inländischen Gewerbebetrieb nach §§ 44, 44a Abs. 1 – 5 Reichsgewerbeordnung“ aus dem Jahr 1953 gestoßen.
(Anmerkung zu X = sehr schmeichelhafte Umschreibung, da mein Großvater ein sehr, sehr kräftiger Mann war)
Bilder: © Stefan Faßbender
Durch diese Vorschriften der Gewerbeordnung war jeder Gewerbetreibender sehr stark in seinen Expansionsbestrebungen eingeschränkt, denn wie der Karte zu entnehmen ist, hatte er im Wesentliches folgendes zu beachten:
1) Nach Aufforderung konnte man jedermann aufsuchen, um Bestellungen entgegen zu nehmen.
2) Ohne Aufforderung durfte er nur andere Kaufleute aufsuchen.
3) Der Karteninhaber durfte nur Proben und Muster mit sich führen, die Waren selbst aber nicht.
4) Sie musste bei der Ausübung seiner Reisetätigkeit immer mitgeführt werden und auf Verlangen vorgezeigt werden.
Ohne diese Legitimationskarte wäre es für meinen Großvater unmöglich gewesen, neue Kunden außerhalb von Grevenbroich für seinen hier ansässigen Groß- und Einzelhandel zu akquirieren. Für unsere heutige Zeit wären solche eigentlich einschränkenden Vorschriften unvorstellbar und letztendlich wegen des hohen und schnellen Bedarfs an Wirtschaftsgütern wohl auch nicht mehr händelbar.
Die Legitimationskarte wurde bereits im Jahre 1883 durch Wilhelm I., Kaiser von Deutschland und König von Preußen, eingeführt. Die o. g. Vorschriften hatten in dieser Form bis 1960 bestand und wurden erst dann durch die §§ 55ff. Gewerbeordnung neu systematisiert. Insbesondere für Reisegewerbetreibende gelten diese Vorschriften aber bis heute fort.
Die Gebühren für die Ausstellung betrugen 3,– DM. Selbst im Jahr 1953 wurden hierzu noch Stempelmarken aus Zeiten der „Reichsmark“ verwendet, die einfach mit „Deutsche“ überdruckt wurden.
Wirklich ein interessantes Zeitdokument. Die verwendete Sprache – “Bestellungen aufsuchen, Feilbieten von Gold- und Silberwaren”, ist offensichtlich aus einer anderen Epoche und lässt uns heute schmunzeln. Danke für den spannenden Artikel!