Foto oben: © AiRKN, Sammlung Michael Reuter, Nr. F18 o02707-17
Nachdem in den sozialen Medien die Frage „Warum Todeskurve?“ aufkam und ein kurzer Post unseres Mitgliedes Stefan Faßbender diesbezüglich mit einer so überwältigenden Resonanz bedacht wurde, hat sich der Geschichtsverein Grevenbroich dazu entschlossen, das Thema „Todeskurve“ – wie versprochen – ein wenig näher und auch sehr kurzfristig zu beleuchten.
Gesichert ist, dass die Unterführung unter der Eisenbahnstrecke zwischen Düsseldorfer Straße und Am Rittergut seit mehr als 100 Jahren im Volksmund den Namen „Todeskurve“ aufgrund hoher Unfallhäufigkeit trägt. Der Grund hierfür dürfte die bauseits extrem scharfe Kurvenführung sein. Ebenso auffällig ist die Straße von bzw. nach Hemmerden, die bis zum Bau der A 46 nahezu schnurgerade (siehe rote Linie auf den Karten) war. Bei den Recherchen in alten Zeitungen sind dort genauso viele Unfälle zu finden, wie in der Unterführung selbst. Ein Unfallbericht dazu ist unten ebenfalls aufgeführt. Bei der Durchsicht der Zeitungsartikel fiel weiterhin auf, dass viele Fahrzeuge bis zu 15 m eine Böschung hinunterrutschten. Diese Aussagen waren zunächst ein wenig irritierend, da diese Gegebenheiten im Gelände heute so nicht mehr vorhanden sind. Auf der Karte von 1936 dürfte jedoch die vermutliche Erklärung zu finden sein. Die in rot umrandeten Ziffern 73 bzw. 60 stellen Höhenmeter dar und lassen darauf schließen, dass die Gefälle erst im Laufe der nächsten Jahrzehnte durch Aufschüttungen beseitigt wurden.
Verifizieren könnte man dies jedoch nur, wenn Bildmaterial vorhanden wäre. Aber weder im Stadtarchiv Grevenbroich noch bei anderen Heimatforschern in Grevenbroich sind dazu Fotos zu finden. Sollte jemand Bilder von der Todeskurve haben, wäre es großartig, das Stadtarchiv Grevenbroich bzw. den Geschichtsverein Grevenbroich zu informieren, um diese Bilder durch einen Scan für die Nachwelt zu sichern. Wir würden solche Fotos gerne in diesen Bericht mitaufnehmen.
[Hinweis: In der Web-Version lassen sich alle Bilder und Zeitungsartikel durch Anklicken vergrößern.]


Mit dem Bau der Unterführung wurde zwischen 1911 und 1912 begonnen, wie nachfolgender Auszug aus der Schulchronik Noithausen zeigt.

„Noithausen, den 4. Juli 1912. Nachdem seit dem vorigen Jahre an der an dem Orte Noithausen vorbeiführenden Eisenbahnlinie Köln – M. Gladbach gearbeitet worden, um dieselbe zweigeleisig auszubauen, wurde am 1. Juli d. J. das zweite Geleise zwischen Grevenbroich und M. Gladbach dem Verkehr übergeben. Sicher(e)m Vernehmen nach, soll im nächsten Jahre der weitere Ausbau Grevenbroich – Köln erfolgen. Gleichzeitig mit dem Ausbau des zweiten Geleises fand auch eine Verlegung der Neuss – Jülicher Landstraße statt, die neue Linie macht eine scharfe Kurve nach Nordwesten und erhält etwa 100 m in der Richtung Jüchen eine Unterführung unter der Eisenbahn her. Diese Verlegung erfordert eine mühevolle Arbeit, und damit auch sonstige Wegeverschiebungen und die Anlage eines großen Sammelbeckens für das von der Straße und von der Flur kommende Wasser verbunden. Diese Arbeiten sind noch in vollem Gange und werden voraussichtlich erst im Laufe des Herbstes beendet sein.“
Ausnahmsweise verzichten wir in diesem Beitrag auf eine ausführliche Beschreibung bzw. Auswertung der einzelnen Unfälle, sondern stellen die Todeskurve anhand der gefundenen Zeitungsartikel zwischen 1928 und 1941 dar. Es wurden lediglich Überschriften und Besonderheiten im Artikel aufgeführt, so dass jede Leserin und jeder Leser selbst entscheiden kann, welchen Artikel sie bzw. er lesen möchte, da es sich um mehr als 40 Fundstellen handelt.
1928 – Unfall durch Bremsversagen – Fund einer Pistole – Schussverletzung durch Schuljungen

1928 – Tod eines Motorfahrers (lt. Sterbeurkunde im Alter von 21 Jahren)


1929 – Zwei schwerverletzte Motoradfahrer

1929 – Vollständige Zertrümmerung des Pkw am eisernen Geländer

1929 – Überfälle auf Eisenbahnwaggons an der Todeskurve





1930 – Ein fast neuer Pkw legte sich mit der Einfriedung an – Stark verbeult

1930 – Ein Auto mit 25 Nationalsozialisten verunglückt – zwei Tote

1930 – Raser wurde zu 18 Monaten Haft verurteilt

1930 – Berufung! Nur 8 Monate Gefängnis

1931 – Schmuggler verlieren Hinterrad ihres Wagens

1931 – Schweres Motorradunglück


1931 – Nach Unfall auch noch ausgeraubt

1931 – Beinbruch nach Absturz in die Böschung

1932 – Wieder ein Beinbruch nach Sturz in die Böschung

1933 – Radfahrer wurde lebensgefährlich verletzt

1933 – Katastrophenübung an der Todeskurve

1934 – Papierlastwagen prallte mit voller Wucht gegen Chausseebaum

1934 – Auto durchbricht Schutzgeländer

1935 – Vollständige Zerstörung eines Motorrades

1935 – Noch ein Motorradunfall mit Schwerverletzten

1936 – Zusammenstoß von Auto und Motorrad

1936 – Ein Pferd in einen Schacht gestürzt

1936 – Erneute Katastrophenübung an der Todeskurve

1937 – Steinewerfer an der Todeskurve

1937 – Trotz Warntafeln fährt Pkw gegen die Umfriedung des tiefen Schachtloches

1937 – Serienweise Unfälle im Kreisgebiet

1937 – Interessanter Bericht, der auch die Todeskurve enthält

1937 – Der x. Motorradunfall

1937 – Ausführliche Beschreibung der Todeskurve mit den neuen Verkehrssicherungen




1937 – Anhänger kippt in Todeskurve um – Autounfall in Hemmerden

1937 – Der erste Unfall nach Erhöhung der Verkehrssicherheit

1937 – Ein LKW überfährt (fast) einen Radfahrer

1937 – An der Todeskurve befand sich die „Zigeunerecke“

1937 – Im Schneegestöber in ein acht Meter tiefes Schachtloch gestürzt

1938 – Unfall trotz erneut durchgeführter Verbesserungen

1939 – In der Todeskurve werden leuchtende Richtungsanzeiger angebracht

1939 – Einseitige Erhöhung der Kurvenlage

1939 – Garzweiler erleidet Federbruch in der Todeskurve

1940 – Wieder mal Verbesserungen an Gefahrenkurven

1941 – Unfälle in Fürth und in der Todeskurve

Nachfolgend die einzigen im Archiv im Rhein-Kreis Neuss in Zons gefundenen Fotos zur Todeskurve. Der Geschichtsverein Grevenbroich bedankt sich bei allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die uns sehr kurzfristig die Bilder zur Verfügung stellen konnten.
1983 – Ein BMW landete bei einem Unfall in der Böschung




1988 – Entschärfung der Todeskurve und Neubau der Brücke


Alle Zeitungsartikel wurden im Zeitungsportal NRW (zeit.punkt NRW) gefunden.
Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024