Mehr als 1.000 Menschen aus Noithausen, Orken und Elsen versammelten sich am 11. August 1923 am Kreuz auf der Provinzial-Landstraße mit Ziehwagen und Schubkarren, um das gemähte Getreide auf Noithausens Feldern zu plündern.
„Gegen die hiesigen Besitzer, die zum Schutze ihres gemähten Getreides mit Polizei und Gendarm erschienen waren, nahm die Menge eine drohende Haltung ein. Plötzlich stürmte die wilde Schar auf die Getreidefelder los, und in kurzer Zeit hatte man den Gutsbesitzern Schiffer und Brünglinghaus je zehn Morgen [1 Morgen = ca. 2.500 m²] Weizen geplündert. Die Polizei war gegen die Menge machtlos.“ StA Grevenbroich, Schulchronik Noithausen, Sig. 513
Grund für die Plünderungen war die allgemeine Not im „Vaterland“ im Jahr 1923. Infolge der Lebensmittelknappheit hat sich die Lage derart zugespitzt, dass es an vielen Orten im Kreis und auch Städten zu wilden Plünderungen und unbeschreiblichen Vorgängen kam. So berichten viele Zeitungen im August 1923 darüber, dass große Scharen von Männern und Frauen auf das Land ziehen, um von der Landbevölkerung die Herausgabe von Kartoffeln und Getreide zu erzwingen.
Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, fand man in Noithausen eine einfache Lösung, denn langfristig hätten sich die unkontrollierten Plünderungen noch mehr auf die Versorgungslage der Bevölkerung im Herbst 1923 und auch auf die Bauern ausgewirkt. So schreibt der Chronist: „Einmütig wurde daher in einer Versammlung von Landwirten und Arbeitern beschlossen, dass die Landwirte für die dringendsten Lebensbedürfnisse aller Gemeindeeingesessenen aufzukommen, andererseits die Arbeiter mit für Ruhe und Ordnung innerhalb der Gemeinde zu sorgen hätten.“
Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023