VHS-Kurs „Familien- und Ahnenforschung für Einsteiger“

Der Arbeitskreis Familienforschung im Geschichtsverein Grevenbroich bedankt sich bei allen Teilnehmern des gestrigen Kurses und der VHS Grevenbroich, die uns den gemeinsamen Abend ermöglicht hat.

Foto: (c) Stefan Faßbender

Der in zwei Teilen aufgeteilte Kurs gab einen kurzen Einblick in die Ahnenforschung allgemein sowie in die Möglichkeiten einer Recherche im Internet. Trotz einer zeitlichen Überziehung konnten alle Themen leider nur kurz angeschnitten werden. Wir hoffen jedoch, dass sowohl alle Einsteiger*innen als auch die erfahrenen Familienforscher*innen viel mitnehmen konnten.

Heinz Otto Schnier und Stefan Faßbender bedanken sich für das „gespannte“ Interesse und den regen Austausch zu einem sehr spannenden Bereich der Geschichtsforschung…

Werbung für eine Schnellläuferin – Fake-News Mitte des 19. Jahrhunderts

Im Grevenbroicher Kreisblatt wird am 3. Juni 1855 eine Anzeige veröffentlicht, in der für eine Schnellläuferin geworben wird.

Annonce mit Ankündigung einer Schnellläuferin (Grevenbroicher Kreisblatt 3.6.1855) [1]

In der Annonce heißt es: Schnelllauf – Auf meiner Durchreise nach Paris werde ich die Ehre haben, mich Sonntag den 3. Juni als „Schnellläuferin“ zu produziren. Ich werde nämlich die Strecke von Fürth bis Hemmerden über die Chaussee in noch nicht vollen 15 Minuten theils vorwärts, theils rückwärts, und nach einem kurzen Aufenthalte in derselben Zeit die nämliche Strecke zurück durchlaufen. Ich lade hierzu ein verehrungswürdiges Publikum höflichst ein. Der Ablauf ist Nachmittags präcise 5 Uhr von dem Hause der Wittwe Schiffer zu Fürth. „Zahlung nach belieben.“ Bertha Stollmeyer, concessionirte Schnellläuferin aus Berlin.“

Der Lauf sollte über die Chaussee, die Landstraße von Grevenbroich-Fürth nach Hemmerden führen.

Preußische Karte von 1836/50 – eingezeichnet ist die angekündigte Strecke zwischen Grevenbroich-Fürth und Hemmerden[2]

Schnellläufer waren im 19. Jahrhundert eine Art fahrende Schausteller, die ihre Kunst gegen Gaben vorführten oder als Briefboten lange Strecken eilends und zu Fuß zurücklegten. Im Jahre 1824 erregte der Tagelöhner Peter Bajus mit sehr schnellen Laufleistungen im Rhein-Main-Gebiet viel Aufsehen. Am 15. Februar 1824 lief er vor zahlreichen Zuschauern von Frankfurt nach Hanau und zurück. Seine 10.000 Meter Zwischenzeiten werden nachträglich auf 31:45 min geschätzt, womit er der schnellste Läufer seiner Zeit gewesen sein dürfte. Die erfolgreichen Schauläufe von Peter Bajus riefen sogleich weitere Akteure auf den Plan.[3]

Doch scheint sich jemand mit der Anzeige im Grevenbroicher Kreisblatt einen Spaß gemacht zu haben, denn ein paar Tage später entschuldigt sich der Redakteur mit einer neuen Anzeige.

Entschuldigung zur Falschankündigung einer Schnellläuferin (Grevenbroicher Kreisblatt 10.6.1855) [4]

Darin heißt es: Entschuldigung – Ich muß die Leser dieses Blattes um Entschuldigung bitten, wegen der Annonce im vorigen Blatte, von einer angeblichen Schnellläuferin. Ich bin durch einen Brief, welchen ich von Düsseldorf erhielt, über die Sache selbst, und in Betreff meiner Insections-Gebühren [Kosten für das Inserat] getäuscht worden. Ich habe den Brief der Polizei übergeben, und werde Sorge tragen, daß ein ähnlicher alberner Scherz, irgend eines Laffen [alberner, törichter Mensch], auf Kosten des Publikums, in der Folge nicht mehr stattfindet. Der Redacteur.“

Daran kann man sehr schön erkennen, dass man auch schon vor über 150 Jahren Falschinformationen auf den Leim gegangen ist.

Michael Salmann für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024

[1] https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/3376103 (27.1.2024, 17.07 Uhr)

[2] https://www.tim-online.nrw.de/tim-online2/ (27.1.2024, 23 Uhr,); modifiziert von Michael Salmann

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Schnelll%C3%A4ufer_(Schausteller) (27.1.2024, 22.19 Uhr)

[4] https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/3376109 (27.1.2024, 22.30 Uhr)

1758 – Siebenjähriger Krieg: Der heutige Rhein-Kreis Neuss nach der Schlacht bei Krefeld

Im Siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763 kämpften alle europäischen Großmächte jener Zeit um Machtbalance und territoriale Gewinne in Europa, um Kolonien und Einfluss in Nordamerika, Indien und Afrika, um die Herrschaft über die transatlantischen Seewege sowie um Handelsvorteile. Im Wesentlichen standen Preußen und Großbritannien einer Allianz aus der Habsburgermonarchie, dem Heiligen Römischen Reich sowie Frankreich, Russland und Spanien gegenüber. Als Verbündete kamen auf beiden Seiten weitere kleinere und mittlere Staaten wie Kurhannover und Kursachsen hinzu. Während Preußen, Habsburg, Frankreich und Russland primär um ihre Machtposition in Mitteleuropa stritten, ging es im Teilkonflikt zwischen Großbritannien und Frankreich auch um die Vorherrschaft in Nordamerika und Indien.

Im Februar 1763 endete der Siebenjährige Krieg. Als Ergebnis stieg Preußen neben Frankreich, Großbritannien, Österreich und Russland zur fünften europäischen Großmacht auf.[1] Frankreich hingegen verlor seine vorherrschende Stellung in Kontinentaleuropa und große Teile seiner Kolonialgebiete in Nordamerika und Indien an Großbritannien, das damit zum dominierenden Weltreich wurde.[2]

Wohl mit der wichtigste General auf Seiten Hannovers und Preußens war Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern. Er war der Schwager von Friedrich II., König von Preußen[3], volkstümlich der „Alte Fritz“ genannt.[4]

Friedrich der Große, König von Preußen – “Der Alte Fritz” auf einem Gemälde von Anton Graff, 1781. [5]

Ferdinand nahm an zahlreichen Feldzügen und Schlachten teil. Er genoss auch aufgrund seiner militärischen Erfolge die Gunst des Königs. Während des Siebenjährigen Krieges erhielt er als General der Infanterie den Oberbefehl über die Alliierten in Westdeutschland. Ferdinand wusste in der Folge, die gesunkene Moral seiner Soldaten so zu heben, dass sie fast immer Sieger über das weit stärkere französische Heer blieben.[6]

Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel (1721-1792) [7]

So konnte Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel die Franzosen in der Schlacht von Rheinberg am 12. Juni 1758 und in der Schlacht bei Krefeld am 23. Juni 1758 schlagen.

In der als „Schlacht bei Krefeld“ oder „Schlacht an der Hückelsmay“ bezeichneten Schlacht kämpften alliierte und französische Truppen gegeneinander. Sie stellte einen Höhepunkt des Konfliktes von 1756 bis 1763 im Rheinland dar.[8] Zu den alliierten Truppen, die hier kämpften, zählten die Braunschweiger, Hannoveraner, Hessen und Preußen.

Plan der Schlacht von Krefeld mit den Bewegungen der alliierten Armee vom 23. Juni bis 2. Juli 1758[9]

Auf dem Feld an der Hückelsmay auf dem Gebiet des heutigen Krefelder Forstwalds am südlichen Stadtrand von Krefeld (im Krefelder Stadtteil Forstwald) trafen am 23. Juni 1758 alliierte Truppen unter dem Kommando des Prinzen Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel und ein französisches Heer unter der Führung des Grafen von Clermont zusammen. Die in Fischeln stationierten Franzosen hatten bereits mit 47.000 Mann Stellung bezogen und rechneten mit einem Angriff Ferdinands von Norden her, welcher mit insgesamt 32.000 Mann zwischen Kempen und Hüls lagerte. Prinz Ferdinand befahl jedoch einen Angriff von Süden, nachdem die französischen Stellungen über Vorst und Anrath umgangen worden waren. Die Franzosen wurden von der Armee des Prinzen überrascht, nach Osten gedrängt und dort aufgerieben. Die französische Reserve konnte nichts mehr ausrichten und musste sich nach heftigen Gefechten mit weiteren berittenen preußischen Truppen noch weiter nach Osten zurückziehen. Am späten Abend war die Schlacht entschieden und die Franzosen zogen sich vorerst über Osterath nach Neuss zurück. Ein Gedenkstein an der Hückelsmay erinnert heute noch an die 2.867 Gefallenen, die dort begraben liegen, und die 2.719 verletzten und gefangenen Soldaten beider Parteien.[10]

Diese Schlacht bei Krefeld ging in die Geschichte ein. Trotz ihrer großen Übermacht wurden die Franzosen besiegt. Sie zogen sich über Neuss und Worringen nach Köln zurück, um Mitte Juli wieder nach Norden vorzustoßen.

Die alliierte Kavallerie, die von Georg Ludwig, Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf, befehligt wurde, rückte währenddessen über Glehn gegen die von den Franzosen gehaltene Erftlinie Grevenbroich-Grimlinghausen vor.[11] Georg Ludwig von Schleswig-Holstein-Gottorf war ein Bruder des späteren schwedischen Königs Adolf Friedrich und trat drei Jahre später Anfang 1762 in die Dienste seines Cousins, des neuen Zaren Peter III. von Russland.[12]

Ferdinand zog mit dem Hauptheer über Kaarst an die Linie Bedburdyck-Damm nach. Geldern, Wesel, Düsseldorf und Jülich waren noch von den Franzosen besetzt. Das ganze Land wurde schwer mitgenommen.[13] Ferdinand von Braunschweig hatte eine Verstärkung von 2.000 Mann, reguläre und leichte Truppen, zur Belagerung der Festung von Düsseldorf geschickt.[14] Deren französische Garnison kapitulierte am 6. Juli 1758, so dass Prinz Ferdinand Düsseldorf einnehmen konnte.[15] Danach kapitulierte auch die französische Stellung in Roermond. Die Herrschaft Dyck hatte 200 Karren, jede mit Fahrer und 8 Säcken nach Roermond zu stellen.[16] Hier sollten Lebensmittel für die Truppenversorgung der Alliierten geholt werden.

Das Hauptquartier Ferdinands befand sich auf Schloß Dyck, vom 10. bis 14. Juli in Grevenbroich, dann wieder auf Dyck, am 22. Juli in Bedburdyck und am 23. Juli in Epsendorf. Das Lager der Truppen lag bei Elsen und Fürth. Das königlich-britische Feldkriegskommissariat war seit 3. Juli im Kloster St. Nikolaus ansässig.[17] Ferdinands Armee ging bis nach Grevenbroich vor und darüber hinaus. Sie zog sich erst wieder zurück, als die Franzosen unter ihrem neuen Kommandeur Louis Georges Érasme de Contades von Köln wieder heranrückten.[18]

Portrait von Louis Georges Érasme de Contades (1704-1795) [19]

Am 6. Juli, demselben Tag an dem die französische Kapitulation in der Festung Düsseldorf stattfand, war der französische Feldherr de Contades zum Angriff übergegangen. Ferdinand zog sich bis zum 15. Juli über Holzheim nach Neuss zurück, ging dann jedoch wieder vor bis auf die Linie Neubrück, Hemmerden, Bedburdyck. Am folgenden Tag stießen französische Husaren bis Glehn und Dyck vor.[20] Am 19. Juli verlegte Ferdinand daraufhin seine Truppen am linken Ufer der Erft mit seinem rechten Flügel auf der Höhe dieses Dorfes und seinem linken Flügel bei Neubrück. Starke Abteilungen besetzten die Übergänge der Erft flussabwärts in Richtung Neuss. Die Franzosen blieben in ihrem alten Lager in Frauweiler.

Vom 20. bis 24. Juli blieb Ferdinand in den Stellungen zwischen Bedburdyck und Neubrück. Die Garnison von Roermond wurde zurückgerufen. Er ließ Vorräte von Roermond bringen. Bei einer Erkundung wurde Ferdinand leicht verwundet und Contades schickte ihm seinen Arzt.[21] 

Französische Karte vom 14.7.1758: Französische und Hannoveraner Stellungen bei Grevenbroich zwischen Frauweiler und Bedburdyck[22]

Auf der französischen Karte werden deren Stellungen im heutigen Gebiet des südwestlichen Rhein-Kreises Neuss sowie im Randgebiet des nordöstlichen Rhein-Erft-Kreises dargestellt. Die Anordnung der genannten Ortschaften auf der Karte entspricht nur in etwa der tatsächlichen Lage. Büttgen wurde beispielsweise auf die Höhe von Hemmerden gesetzt und Jüchen und Bedburdyck wurden vertauscht. Anscheinend haben die Franzosen die französisch ausgesprochenen Namen der Ortschaften in die Karte eingetragen. Dadurch finden wir auf der Karte viele „verfremdete“ Ortsnamen wieder, die sich nur durch einen Abgleich mit den Tranchotkarten oder dem preußischen Urkataster identifizieren lassen. Dargestellt sind folgende Orte, Güter und Höfe: Aerof (Heyderhof), Altenrad (Allrath), Bauastion (Barrenstein), Bidboundick (Bedburdyck), Buckols (Buchholz; 1982 wegen des Tagebaus Fortuna-Garsdorf abgerissen[23]), Budyen (Büttgen), Caster (Kaster), Chateau de Haust (Schloß Harff; 1976 wegen des Tagebaus Garzweiler I abgerissen[24]), Cugin (Jüchen), Custorp (Gustorf), Elsen, Epprad (Epprath; 1968 wegen des Tagebaus Fortuna-Garsdorf abgerissen[25]), Fort (Fürth), Frauwiller (Frauweiler; 1970 nach Bedburg umgesiedelt, wegen des Tagebaus Fortuna-Garsdorf abgerissen), Freudorf (aufgrund der Lage auf der Karte kann es sich nur um Neurath handeln), Futenbusen (Birkenbusch = Wäldchen zwischen Allrath und Neurath), Geritshoff (Geretzhoven), Guraedhach (Gürath; um 1900 für die Grube Neurath abgerissen[26]), Grevenbroich, Heminden (Hemmerden), Herkenbouch (Herkenbusch), Homagen (Omagen; früher Burg, 1935 abgerissen), Hucoff (Oekoven), Ilecot (Ikoven), Kaulem (Kaulenhof; heute liegt dort die Frimmersdorfer Höhe), Krawinkel (Gut Krahwinkel), Kundoven (Königshoven; 1983 wegen des Tagebaus Garzweiler I abgerissen), Lauken (Villau), Loan (Lohenbusch; Wäldchen zwischen Allrath und Oekoven gelegen), Mayenhausen (Neuenhausen), Moheusen (Muchhausen), Morcken (Morken; 1977 wegen des Tagebaus  Garzweiler I abgerissen[27]), Nejenhof (Neuhöfchen), Naudrof (Gommershofen), Neidrad (Gut Nanderath; der Hof wurde am 17.2.2011 abgerissen[28]), Pirin (Winkelheim; 1977 wegen des Tagebaus Fortuna-Garsdorf abgerissen[29]), Prejot (Priorshof), Ramerof (Ramrath), Rot (Rath; Stadtteil von Bedburg), Sintzen (Sinsteden), Tiel (Deelen), Vinicouvre (Widdeshoven), Vofluche (Hoveler Hof bei Gohr), Wevelingkoven (Wevelinghoven) und Wrimersdorff (Frimmersdorf).[30]

Am 24. Juli schickte Ferdinand mehrere Abteilungen aus. Eine dieser Abteilungen besetzte erneut Roermond. In der Nacht vom 24. auf den 25. Juli rückte Ferdinands Haupttrupp unbemerkt aus seinen Stellungen zwischen Bedburdyck und Neubrück ab und marschierte in Richtung Wassenberg. Einen Tag später erreichte dieser nach einem Marsch von 28 km Wassenberg an der Rur, 20 km südöstlich von Roermond. Die Contades-Armee hingegen überquerte am 26. Juli die Erft und rückte bis Garzweiler bei Titz vor.[31] Am folgenden Tag marschierte die französische Armee weiter nach Holzweiler und Keyenberg. In der Folge zogen Ferdinands Truppen entlang der Maas nach Norden und überquerten am 9. und 10. August 1758 bei Emmerich den Rhein, die Franzosen folgten am 19. und 20. August bei Wesel.[32] Damit endeten die Truppenbewegungen während des Siebenjährigen Krieges im heutigen Kreisgebiet. 

Skizze der Heeresbewegungen von der Schlacht bei Krefeld bis zum Rückzug über den Rhein vom 26. Juni bis 25. August 1758[33]

 Michael Salmann für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._%28Preu%C3%9Fen%29 (5.8.2023, 18.52 Uhr)
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Siebenj%C3%A4hriger_Krieg (16.4.2023, 23.55 Uhr)
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_(Braunschweig-Wolfenb%C3%BCttel) (23.4.2023, 12.55 Uhr)
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._(Preu%C3%9Fen) (23.4.2023, 15.24 Uhr)
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._%28Preu%C3%9Fen%29 (5.8.2023, 18.57 Uhr)
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_(Braunschweig-Wolfenb%C3%BCttel) (23.4.2023, 12.55 Uhr)
[7] http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Prinz_Ferdinand_Braunschweig.jpg (17.4.2023, 00.11 Uhr)
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Krefeld (15.4.2023, 21.12 Uhr)
[9] https://militarymaps.rct.uk/the-seven-years-war-1756-63/battle-of-krefeld-1758-plan-de-la-bataille-de-creveld (16.4.2023, 23.01 Uhr)
[10] http://friedrich.uni-trier.de/de/oeuvres/27_2/id/007000000/text/ (11.4.2023, 20.05 Uhr)
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Ludwig_von_Schleswig-Holstein-Gottorf (17.4.2023, 18.25 Uhr)
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Ludwig_von_Schleswig-Holstein-Gottorf (17.4.2023, 18.25 Uhr)
[13] Bremer, Die Reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, 1959, S. 221f.
[14] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)
[15] http://friedrich.uni-trier.de/de/oeuvres/27_2/id/007000000/text/ (11.4.2023, 20.05 Uhr)
[16] Bremer, Die Reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, 1959, S. 221f.
[17] Bremer, Die Reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, 1959, S. 221f.
[18] http://friedrich.uni-trier.de/de/oeuvres/27_2/id/007000000/text/ (11.4.2023, 20.05 Uhr)
[19] https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/52/Contades.jpg (17.4.2023, 00.13 Uhr)
[20] Bremer, Die Reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, 1959, S. 221f.
[21] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)
[22] https://militarymaps.rct.uk/the-seven-years-war-1756-63/battle-of-krefeld-1758-plan-de-la-bataille-de-creveld (15.4.2023, 21.28 Uhr)
[23] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png
(16.4.2023, 17.20 Uhr)
[24] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png (16.4.2023, 17.20 Uhr)
[25] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png
(16.4.2023, 17.20 Uhr)
[26] https://de.wikipedia.org/wiki/Gürath (16.4.2023, 18.02 Uhr)
[27] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png
(16.4.2023, 17.20 Uhr)
[28] https://de.wikipedia.org/wiki/Gut_Nanderath (16.4.2023, 17.39 Uhr)
[29] Rheinisches Braunkohlerevier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland; über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheinisches_Braunkohlerevier_DE.png
(16.4.2023, 17.20 Uhr)
[30] https://militarymaps.rct.uk/the-seven-years-war-1756-63/battle-of-krefeld-1758-plan-de-la-bataille-de-creveld (15.4.2023, 21.28 Uhr)
[31] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)
[32] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)
[33] https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=1758_-_Allied_campaign_on_the_west_bank_of_the_Rhine (16.4.2023, 23.07 Uhr)

Den Kriegstoten des Zweiten Weltkrieges in Grevenbroich ein Gesicht geben…

Seit der Gründung des „Netzwerkes Kriegstote“ im Herbst 2020 recherchieren der „Geschichtsverein Grevenbroich und Umgebung e. V.“ und der Verein „Luftschutzanlagen Rhein Kreis Neuss e. V.“ intensiv zu den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges und den Schicksalen der Kriegstoten rund um Grevenbroich.

Quelle: © Stefan Faßbender, Sammlung Grevenbroicher Kriegstote

Dazu erscheinen immer wieder kurze Veröffentlichungen über Schicksale einzelner Kriegstoter und Ereignisse, die nicht in dem gemeinsamen Buch „Grevenbroich – Der Zweite Weltkrieg in Auszügen aus den Schulchroniken“ dargestellt wurden.

Bisher wurden für das heutige Gebiet der Stadt Grevenbroich über 2.000 Kriegstote von Stefan Faßbender erfasst und dokumentiert. Dazu wurden seit November 2020 unter anderem mehr als 43.500 Urkunden aus den Geburts-, Heirats- und Sterberegistern zwischen 1900 und 1992 ausgewertet, bei denen die Datenschutzfristen abgelaufen sind. Die gesammelten Daten wurden unter anderem durch Informationen aus Schulchroniken, Kirchenbüchern, Pfarrchroniken und verschiedenen öffentlich zugänglichen Datenbanken ergänzt.

Quelle: © Stefan Faßbender, Sammlung Grevenbroicher Kriegstote

In die Sammlung wurden alle Personen aufgenommen, die in Grevenbroich geboren wurden, geheiratet, gewohnt haben oder gestorben sind. Dabei wird ausdrücklich aller Kriegsopfer gedacht, der gefallenen und vermissten Soldaten aller Nationen, der Zivilbevölkerung, der Zwangsarbeiter und der Opfer des Holocaust.

Diese einzigartige und beeindruckende Sammlung von Kriegstoten wird nun dem Stadtarchiv Grevenbroich als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt, um auch interessierten Grevenbroicherinnen und Grevenbroichern die Möglichkeit zu geben, nach ihren eigenen Vorfahren und deren Schicksalen zu forschen. Die Übergabe erfolgt in Form einer Loseblattsammlung, so dass Ergänzungen, Korrekturen etc. jederzeit zeitnah vorgenommen werden können.

Foto: © Christian Kandzorra

Um diesen Kriegstoten des Zweiten Weltkrieges ein Gesicht zu geben, wurden zu diesem Zweck auch Totenzettel und Fotos der Opfer gesammelt. 387 Datensätze konnten bisher mit einem Bild des Verstorbenen ergänzt werden. Dabei handelt es sich überwiegend um Bilder von gefallenen Soldaten und nur wenige Bilder von verstorbenen Zivilisten.

Um diese Sammlung weiter zu vervollständigen, bittet Stefan Faßbender die Grevenbroicher Bürgerinnen und Bürger, weitere Bilder und/oder Totenzettel von Kriegstoten, die den oben genannten Kriterien entsprechen, zur Verfügung zu stellen. Diese müssen nicht im Original „abgegeben“ werden, sondern werden nach einer Digitalisierung wieder an die Eigentümer zurückgegeben.

Stefan Faßbender für das Netzwerk Grevenbroicher Kriegstote, 2024

Als man vor 100 Jahren den Karneval im Rheinland verbot!

Mit der Besetzung des Rheinlandes nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1918 verhängten die Besatzungsmächte mit dem Hinweis auf den „Ernst der Lage“ ein Karnevalsverbot. Erst 1925 wurde dieses Verbot zumindest für öffentliche Sitzungen und Maskenbälle aufgehoben. Das närrische Treiben auf den Straßen blieb aber weiterhin verboten wie nachfolgende Veröffentlichung vom 10. Februar 1925 zeigt.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 17, Seite 4 vom 10. Februar 1925

„§ 1. Die Veranstaltungen öffentlicher karnevalistischer Umzüge und sonstige karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel sowie die Teilnahme und die Aufforderung zur Teilnahme an denselben sind verboten.“

 „§ 2. Verboten ist auf öffentlichen Straßen und Plätzen: 1) das Tragen karnevalistischer Verkleidungen oder Abzeichen jeder Art; 2) das Singen, Spielen und Vortragen karnevalistischer Lieder, Gedichte und Vorträge; 3) das Werfen von Luftschlangen, Konfetti und dergl.;“

Wie sehr sich die Grevenbroicher das närrische Treiben wohl zurück wünschten, zeigen die vielen Anzeigen zu den verschiedenen Feierlichkeiten, die bereits kurz nach Aufhebung des Verbots in der Grevenbroicher Zeitung erfolgten. Fast jedes Dorf und jede Gaststätte mit einem Saal lud zu einer Veranstaltung in den Jahren 1925 und 1926 ein.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 19, Seite 4 vom 14. Februar 1925
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 19, Seite 4 vom 14. Februar 1925
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 22, Seite 4 vom 21. Februar 1925
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 19, Seite 3 vom 13. Februar 1926

Im Jahr 1928 wurden dann auch wieder öffentliche karnevalistische Umzüge sowie größere karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel erlaubt.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 12, Seite 12 vom 28. Januar 1928

„§ 1. Öffentliche karnevalistische Umzüge sowie größere karnevalistische Veranstaltungen unter freiem Himmel sind in kreisangehörigen Gemeinden nur mit Genehmigung des Landrats, in Stadtkreisen der Ortspolizeibehörden zulässig.“

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 12, Seite 4 vom 28. Januar 1928
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 12, Seite 4 vom 28. Januar 1928

Bereits zwei Jahre vor der Machtergreifung verbot Hitler den Parteiorganisationen jegliche Karnevalsveranstaltungen.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 11, Seite 2 vom 24. Januar 1931

„Hitler verbietet Bälle usw.

München, 22. Jan. Im „Völkischen Beobachter“ ist die folgende Verfügung Adolf Hitlers vom 20. Januar enthalten: Im Hinblick auf die allgemeine Notlage verbiete ich mit sofortiger Wirkung allen Parteiorganisationen karnevalistisches Treiben, Bälle usw. zu veranstalten, oder sich an derartigen Veranstaltungen zu beteiligen. Wo bereits solche Veranstaltungen angesetzt sind, steht es frei, diese in solche Abende, die von nationalsozialistischem Geist getragen sind, umzugestalten.“

Mit der Machtübernahme im Jahr 1933 wandelte sich diese Einstellung jedoch schlagartig, denn die Nationalsozialisten erkannten, den Karneval als Propagandamittel für ihre eigenen Zwecke nutzen zu können. Durch die Übernahme der Organisation von Sitzungen und Umzügen gelang es ihnen immer mehr den Karneval zu steuern. 1936 hatte Grevenbroich zahlreiche Veranstaltungen zu Karneval zu bieten.

Grevenbroicher Zeitung, Nr. 31, Seite 7 vom 22. Februar 1936
Grevenbroicher Zeitung, Nr. 31, Seite 8 vom 22. Februar 1936

Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2024

Amtshilfe im Jahr 1939

Ein Fundstück aus dem Stadtarchiv Grevenbroich…

Hatte die Witwe bereits einen „schlechten“ Ruf?

Oder standen damals alle Antragssteller*innen unter Generalverdacht übermäßige Portionen anzubieten, Skat um Pfennige zu erlauben oder gar „ausschweifende“ Tanzveranstaltungen zu feiern?

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2008

Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

Grevenbroich an Heiligabend im Jahr 1944

Die Besatzungen der britischen Bomberflotte wurden aus allen Teilen des Commonwealth rekrutiert. So flogen z. B. neuseeländische Soldaten ihre Einsätze 18.000 km von ihrer Heimat entfernt über Deutschland.

Am 24. Dezember 1944 flog die Royal Air Force mit 104 Bombern einen strategischen Angriff auf den Flugplatz Bonn/Hangelar. Unter den vom britischen Flugplatz in Mildenhall gestarteten Maschinen war auch die Avro Lancaster Mk1 – NF 915 der 622 Squadron. Zur siebenköpfigen Besatzung gehörten u. a. der 29-jährige Neuseeländer Grant Wallace Browne, der 34-jährige Schotte Thomas Durward Mitchell sowie die beiden Kanadier William Paterson (27) und Robert Nelson Perdue (26).

Quelle: Royal Canadian Air Force History and Heritage Command; Astra, ON; RCAF Crash Cards 1939-1945

Sicher waren sie in Gedanken bei ihren Lieben, als sie am frühen Nachmittag des Heiligabends zu ihrem Einsatz aufbrachen. Dabei dürften die Gedanken der bunt zusammengewürfelten Besatzung sehr unterschiedlich gewesen sein. Denn in Neuseeland feierte die Familie von Browne Weihnachten für gewöhnlich bei 25 °C am Strand von Auckland. Während die Familien in Kanada bei Schnee und eisigen Temperaturen die Festtage vor dem lodernden Kamin verbrachten. Doch so unterschiedlich die Erinnerungen der jungen Männer an die Feiertage vermutlich auch waren, so einte sie doch der innige Wunsch, bald wieder zu ihren Familien zurückzukehren. Leider blieb den vier o. g. Besatzungsmitgliedern dieser Wunsch unerfüllt, als ein deutscher Nachtjäger mit dem Hauptmann Werner Baake an Bord die Lancaster abschoss.

Quelle: Royal Canadian Air Force History and Heritage Command; Astra, ON; RCAF Crash Cards 1939-1945

Der viermotorige Bomber stürzte auf einem Feld unweit der heutigen Südstadt ab.

© Stefan Faßbender – Gesamtübersicht nach einer Karte um 1940, erstellt mit tim-online.nrw.de

Ein Zeitzeuge schilderte die Situation an Heiligabend so: „Am Heiligabend 1944 gegen 19:30 Uhr sah ich aus südöstlicher Richtung ein in Flammen gehülltes viermotoriges Flugzeug. Einige Soldaten konnten sich noch mit dem Fallschirm retten, bevor der Bomber auf dem Feld aufprallte und sofort explodierte. Das Wrack brannte 10 Stunden lang. Ich war einer der Ersten am Unfallort und half zwei Leichen aus dem brennenden Flugzeug zu bergen. Auf der Schulter der einen Leiche war der Schriftzug „New Zealand“ zu lesen, von der anderen war nur noch die untere Hälfte des Rumpfes übrig.“

Normalerweise wurden alle Wrackteile sofort zu einem Sammelplatz im Erftwerk gebracht, um dort eingeschmolzen zu werden und so neues Aluminium für die Kriegsproduktion zu gewinnen. Das tief im Boden liegende Wrack wurde jedoch trotz seiner Nähe zum Erftwerk nicht abtransportiert, sondern mit mehreren Lkw-Ladungen Erde zugeschüttet. Erst auf Anordnung der britischen Militärregierung wurde das Wrack im August 1946 wieder freigelegt und geborgen.

Unmittelbar nach dem Absturz wurden die verkohlten Überreste von vier Leichen gefunden, die zwei Tage später ohne Särge zusammen in den Gräbern 76 und 77 auf dem Grevenbroicher Friedhof beigesetzt wurden. Bis zu ihrer Exhumierung im Jahr 1949 erinnerten lediglich zwei Kreuze mit der Ausschrift „Unbekannter Engl. Flieger“ an die vier Soldaten, die ihr Leben Heiligabend 1944 in Grevenbroich verloren hatten.

Quelle: Arolsen-Archives, ITS_5.3.5 6.31_101103737

Heute befinden sich Ihre Gräber auf dem britischen Soldatenfriedhof im Reichswald bei Kleve, wo sie mit mehr als 7.650 weiteren Kameraden ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

© Christian Kandzorra
© Christian Kandzorra

Die übrigen Besatzungsmitglieder, welche sich mit dem Fallschirm retten konnten, gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft, wo sie das Kriegsende herbeisehnten.

© Christian Kandzorra

Heute, 79 Jahre später, erleben wieder unzählige Familien auf der ganzen Welt Weihnachten im Krieg, auf der Flucht oder in Gefangenschaft. Wieder sind viele Familien Tausende von Kilometern voneinander entfernt und wieder hoffen sie, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Und wieder wird dieser Wunsch nicht für alle in Erfüllung gehen.

© Christian Kandzorra

Das Netzwerk Kriegstote möchte mit den Schicksalen der vier britischen Soldaten an die Schrecken des Krieges erinnern und deutlich machen, wie wertvoll ein friedliches Weihnachtsfest im Kreise der Familie ist.

© Christian Kandzorra

Stefan Rosellen und Stefan Faßbender für das Netzwerk Kriegstote, 2023

Ein Buch geht um die Welt!

Nun ist es ziemlich genau ein Jahr her, dass unser Buch „Grevenbroich – Der Zweite Weltkrieg in Auszügen auf den Schulchroniken“ erschienen ist. Dies möchten wir, die Autoren, zum Anlass nehmen uns bei allen Geschichtsinteressierten, Lesern und Käufern dieses Buches zu bedanken. Denn bereits nach wenigen Monaten war die Gesamtauflage vergriffen.

Was für ein Erfolg! Es zeigt uns aber auch, wie groß das Interesse war bzw. ist, erstmalig die grausamen Geschehnisse während des Zweiten Weltkrieges anhand tatsächlicher Schicksale von Bürgern und Bürgerinnen unserer Heimatstadt Grevenbroich nachvollziehen zu können.

Besonders gefreut hat es uns, dass es ein Exemplar einmal um die ganze Welt „geschafft“ hat. Uns erreichte folgende Nachricht aus Australien, welche auch exemplarisch für die vielen Rückmeldungen Grevenbroicher BürgerInnen steht.

„Als ehemaliger Grevenbroicher, davor Belmener Mitbürger und als Angehöriger der Nachkriegsgeneration (Jahrgang 1947) habe ich mit großem Interesse die Publikation des Geschichtsvereins über die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges in Grevenbroich und in den Nachbargemeinden und Dörfern gelesen. Meine Hochachtung gebührt den Autoren dieser Dokumentation, Stefan Faßbender und Stefan Rosellen, die akribisch in den Schulchroniken, Dokumenten und Fotoquellen geforscht haben und die reale, brutale Situation detailliert dargestellt und beschrieben haben. Diese Publikation sollte in den regionalen Geschichtsklassen der Oberstufen als direkte und wertvolle Quelle genutzt werden. Besonders beeindruckt war ich von den zahlreichen Auszügen aus der Elfgener Schulchronik, da ich im Nachbardorf Belmen bis 1955 aufgewachsen bin und viele der Orte und Namen noch in Erinnerung habe. Den Autor der Elfgener Chronik, Lehrer Braß, habe ich noch persönlich kennengelernt. Die Tragik und Leiden der Bürger in diesen beiden Nachbardörfern Belmen und Elfgen wurde selten diskutiert, die Kriegsgeneration wollte diese schrecklichen Erfahrungen möglichst schnell vergessen und neu beginnen, was zu diesem Zeitpunkt als beste Lösung erschien. Glücklicherweise gibt es eine jüngere Generation, wie die beiden Autoren, die eine Aufgabe darin sehen, Geschichte aufzuarbeiten und sie vor dem Vergessen zu bewahren. Als menschliche Gesellschaft sind wir alle Teil der Geschichte, sei sie positiv oder negativ. Nicht zuletzt möchte ich dem Geschichtsverein Grevenbroich für die Unterstützung dieser lobenswerten Initiative danken. Dieser Dank kommt aus großer Ferne an meine alte Heimat, etwa 18.000 km südlich von meinen Wurzeln, aus Warners Bay, Neusüdwales, Australien. Martin J. Schläger, 7. August 2023“

Stefan Rosellen u. Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

Grevenbroich – das Kriegerdenkmal

© Achim Kühnel – Das Kriegerdenkmal im Jahr 2022

Am 8.9.1907 wurde das Kreis-Kriegerdenkmal in Grevenbroich feierlich eingeweiht. Das Denkmal ist es wert, an dieser Stelle einmal vorgestellt zu werden. Das Monument diente lange Zeit primär der Erinnerung an die Toten der drei unter dem Ministerpräsidenten Otto von Bismarck geführten preußischen Einigungskriege in den Jahren 1864 – 1871: Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 (um die Herzogtümer Schleswig und Holstein), dem Deutschen Krieg 1866 (gegen Österreich) und dem Deutsch-Französischen Krieg entstand 1871 das preußisch dominierte Deutsche Kaiserreich.

Viele Städte erbauten danach Erinnerungsstätten. In Grevenbroich gab es über einen langen Zeitraum von 33 Jahren keinerlei Bestrebungen für ein solches Denkmal. Warum nicht? Das lag zum einen daran, dass aus der Altstadt Grevenbroich selbst kein Kriegsteilnehmer den „Heldentod“ gestorben war, andererseits aber auch daran, dass Grevenbroich im 19. Jahrhundert nur ein kleines Kreisstädtchen war und ein hinreichendes Selbstbewusstsein der Bevölkerung noch nicht genügend ausgeprägt war (zumal der Landrat über viele Jahre hinweg seinen Dienstsitz gar nicht in Grevenbroich, sondern in Wevelinghoven hatte).

Die Planung

Erst im Juni 1904 bat der 1. Vorsitzende des Kreiskriegerverbandes, Joseph Klepper, den Grevenbroicher Landrat Robert Brüning, den Bau eines solchen Denkmals zu unterstützen. Brüning stand der Idee sehr aufgeschlossen gegenüber, so dass schon wenige Tage später ein „Comité für die Errichtung eines Kreiskriegerdenkmals“ gegründet wurde. Ehrenvorsitzender wurde Alfred Fürst Salm-Dyck zu Schloss Dyck, Vorsitzender war Landrat Brüning selbst. Die Bürgermeister der Kreisorte wurden eingeladen, diesem Komitee beizutreten.

Optimistisch wurde als Tag der Denkmals-Einweihung der 27.2.1906 festgelegt; dies war das Datum der Silberhochzeit von Kaiser Wilhelm II. und seiner Gattin Auguste Viktoria. In der Grevenbroicher Zeitung wurde ein Spendenaufruf zur Sammlung von Geldern für das Denkmal gestartet. Insgesamt kamen über 8.000 Mark zusammen. Aufgrund dieser erfolgreichen Sammlung beschloss der Kreistag im März 1905, diese Summe großzügig auf 30.000 Mark aufzustocken. 

Im Juli 1905 wurde nach einer Ortsbegehung der neu gebildeten fünfköpfigen Jury um den Düsseldorfer Maler Alfred Graf Brühl und den renommierten Bildhauer Professor Karl Jansen von der Kunstakademie Düsseldorf der leere „Platz am Dreieck“ vor dem damaligen Hotel Borrenkort ausgewählt (an der Stelle dieses Hotels steht heute das ehemalige Finanzamt), „wegen seiner günstigen Lichtverhältnisse, der Zugänglichkeit an allen Seiten, der Größe und der außerordentlich günstig aus der Stadt auf ihn zuführenden Hauptstraße“. Der Platz ist deswegen auch heute noch markant, weil hier drei Straßen aufeinanderstoßen: Die Bahnstraße, die Rheydter Straße und die Erckensstraße.

Schon zu dem Zeitpunkt der Standortwahl war klar, dass der ursprünglich geplante Fertigstellungstermin Februar 1906 nicht gehalten werden konnte. Erst musste noch ein Künstlerwettbewerb ausgeschrieben werden mit Auslobung von vier Preisen zu jeweils 500 Mark; Interessenten wurden aufgefordert, bis zum 31.3.1906 ihre Entwürfe zu präsentieren. Insgesamt beteiligten sich 41 Künstler an diesem Wettbewerb. Anfang April wurden die Entwürfe zwei Tage lang der Öffentlichkeit in der Turnhalle des Progymnasiums (heute Erasmus-Gymnasium) vorgestellt.

Auftragsvergabe und Einweihung

Am 9. April 1906 entschied sich die Jury für den Entwurf „Helden“ des erst 32 Jahre alten Künstlers Joseph Hammerschmidt aus Düsseldorf-Oberkassel, der an der Kunstakademie unter Professor Karl Jansen studiert hatte, eben jenes Mannes, der auch Mitglied in der Jury zur Auswahl des Denkmals war. Joseph Hammerschmidt war damals schon ein namhafter Künstler, er schuf 1909 auch das Neusser Theodor-Schwann-Denkmal an der „Alten Post“.

Der ausgewählte Entwurf passte so gar nicht in die damalige Zeit des vorherrschenden Nationalismus mit seinem „Hurra-Patriotismus“: Es ist sozusagen vollkommen aus der Zeit gefallen und zeigt auf einer ein- bzw. zweistufigen Granit-Plattform zwar eine Bekrönung in Form eines Bronzeadlers, der mit ausgebreiteten Schwingen die Kriegsbeute bewacht, seitlich auf der Plattform steht jedoch ein alter Veteran (auch aus Bronze), der sich – müde und von Gram gezeichnet auf seinen Gehstock stützend – zum Gruß der Gefallenen herunter beugt und einen Lorbeerkranz niederlegt.

Das Denkmal kostete 29.532,32 Reichsmark. Auf der ausladenden Pfeilerbasis aus Granit steht die Inschrift „Unsern gefallenen Kameraden“. Auf der linken, rechten und der Rückseite des Denkmals sind unter der Inschrift „Es starben den Heldentod für König und Vaterland“ auf Tafeln die Namen der 62 Gefallenen der Einigungskriege verzeichnet.

Die Einweihung fand am Sonntag, dem 8. September 1907, statt, dem Sonntag nach dem „Sedantag“ (2. September), der in dieser Zeit an die Kapitulation der französischen Armee 1870 erinnerte. Die Veteranenfigur wurde im Volksmund „dä alde Blank“ genannt, weil er angeblich dem Metzger und Wirt Konrad Blank (1824 – 1906) ähnlich sehen würde. Er hatte am Deutsch-Französischen Krieg teilgenommen, und wusste davon oft in seiner Gaststätte an der Bahnstraße zu erzählen.

© StA Grevenbroich – Das Kriegerdenkmal im Jahr 1907

Das Denkmal im Stadtbild

In der Zeit von 1907 bis 1914 erntete das Denkmal dann auch häufig Kritik, weil es eben nicht die Freude an Kampfes- und Siegestaten und stolze Glorie ausdrückte, sondern Mitleid(en) und Empathie.

Später wurden – als Zugeständnis an den Zeitgeist – rechts und links neben dem Denkmal zwei Kanonen aufgestellt, die aber nach dem 1. Weltkrieg sehr schnell wieder verschwanden.

Überhaupt verstummte nach dem verlorenen 1. Weltkrieg die Kritik; den besonderen Wert und die Aussagekraft des Denkmals erkannte schon der Gymnasialprofessor und Autor des Grevenbroicher Heimatbuches Anton Zumbusch im Jahr 1925, als er schrieb, dass die Bewohner des Kreisstädtchens durch ihr Denkmal zeigten, „wes Geistes Kind“ sie seien, denn aus ihm spreche kein „Hurra-Patriotismus, sondern nur echtes menschliches Fühlen.“

Im 2. Weltkrieg wurde das Denkmal stark beschädigt; die „Wunden“ im Fundament und in den Pfeilern kann man auch heute noch sehen (insbesondere an der Rückseite).

© Sammlung Dr. Friedrich Schmitz – Das Kriegerdenkmal im Jahr 1945

Seit 1984 steht das Kriegerdenkmal unter Denkmalschutz. Am Tag der Wiedervereinigung, dem 3.10.1990, wurde der Platz in „Platz der Deutschen Einheit“ umbenannt; er hieß früher „Siegesplatz“. 1990 wurde auch das Denkmal um eine Bodenplatte ergänzt: In Inschriften wird nun auch an die Opfer der Weltkriege, an die Ermordeten während der NS-Gewaltherrschaft und an das Leid der Kriegsvertriebenen erinnert.

Achim Kühnel für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

Die Nottaufe

Jeder, der sich schon einmal auf die Suche nach Spuren seiner Vorfahren gemacht hat, wird irgendwann in alte Kirchenbücher schauen, um seine Ahnenreihe zu vervollständigen. Gelegentlich wird er dabei auch auf Randvermerke, wie z. B. „Nottaufe“ oder „Nottaufe durch Hebamme“ stoßen.

KB Kapellen – Sterbeeintrag vom 30.04.1838 mit dem Vermerk der Nottaufe durch die Hebamme
KB Frimmersdorf – Taufeintrag vom 3.12.1796 mit dem Vermerk der Nottaufe durch die Hebamme
KB Gustorf – Taufeintrag vom Oktober 1917 mit dem Vermerk der Nottaufe durch die Hebamme
KB Bedburdyck – Taufeintrag vom 13.02.1754 mit einer weiteren Anmerkung

Verkürzte Transkription: „[…] in großer Todesgefahr im Haus der Hebamme Clara Wintzen getauft, am 14. des Monats Februar zur Kirche gebracht, wo ich selbst das heilige Sakrament und Gebete angewendet habe […]“

Was haben diese Randvermerke nun zu bedeuten? Die Nottaufe oder auch „Taufe in der Not“ genannt, ist in vielen Religionen und Konfessionen erlaubt. Normalerweise dürfen Taufen nur von einem Geistlichen vorgenommen werden. Besteht jedoch Lebensgefahr für einen Täufling, dürfen diese Nottaufen auch von einem Laien vorgenommen werden. Zwar unterscheiden sich die Regelungen zur Nottaufe in den verschiedenen Konfessionen, aber grundsätzlich ist sie durchzuführen, wenn ein Geistlicher nicht mehr rechtzeitig herbeigeholt werden kann.

Die EKD schreibt hierzu: „Wenn ein Ungetaufter sehr krank ist und zu sterben droht, wird eine Nottaufe vorgenommen. Die Taufe kann jeder Christ und jede Christin ausführen.“ Die katholische Kirche geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie ausführt: „Diese Taufe kann von jedem Katholiken und sogar von jedem Menschen guten Willens, immer, überall und ohne Einschränkung gespendet werden.“

Seit Jahrhunderten übernehmen die Hebammen die Aufgaben eines Taufspenders, wenn Kinder bei der Geburt bereits in Lebensgefahr schweben und kein Geistlicher rechtzeitig hinzugerufen werden kann.

Da es sich bei einer Taufe um ein Sakrament handelt, sind die wesentlichen Bestandteile (Taufformel und Wasser) zu berücksichtigen. Während der Taufe soll dreimal etwas Wasser über die Stirn des Täuflings gegossen werden und dabei die Formel „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“ gesprochen werden. Da diese Taufen seit Jahrhunderten als gültig anerkannt werden, werden sie auch in den Kirchenbüchern erfasst. Oft wurden Nottaufen auch nur im Sterberegister der jeweiligen Kirche vermerkt, wenn der Täufling tatsächlich während der Geburt oder noch im Mutterleib verstarb.

Wie war aber nun zu verfahren, wenn das ungeborene Kind für die taufenden Hände der Hebamme noch nicht sicher erreichbar war? Hierzu entdeckte der Autor im Deutschen Hygiene Museum in Dresden eine sogenannte Taufspritze, die ihm und auch vielen anderen Ahnenforschern bis zu diesem Zeitpunkt gänzlich unbekannt war.

Foto: Stefan Faßbender – © Deutsches Hygiene Museum Dresden
Foto: Stefan Faßbender – © Deutsches Hygiene Museum Dresden

Bereits das Reformkonzil im Jahr 1310 in Trier schrieb den Hebammen vor, dem sterbenden Kind Wasser über den Kopf zu gießen und somit eine Nottaufe vorzunehmen. Die erstmalige Erwähnung einer Taufspritze lässt sich bereits im Jahr 1480 in Brixen/Südtirol finden. Zur Taufe war zwar kein geweihtes Wasser notwendig, allerdings sollte es zumindest von reiner Güte sein. Inwieweit sauberes Wasser zu dieser Zeit überhaupt verfügbar war, lässt sich heute nur noch erahnen. Des Weiteren stellt sich hier die Frage, wie viele Mütter, die eine Nottaufe im Mutterleib über sich ergehen lassen mussten, anschließend wegen nur bedingt sauberen Wassers an möglichen Infektionen starben.

Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023