In allen Grevenbroicher Schulchroniken sind dazu mehr oder auch weniger umfangreiche Informationen zu finden. Der Grund dafür dürfte an den zahlreichen seit dem 19. Jahrhundert eingeführten Gesetzen liegen, die auch als „Impfzwang und -pflicht“ angesehen werden konnten bzw. mussten.
Anmerkung: Bei diesem Beitrag geht es weder um das Pro und Kontra von Impfungen noch um eine Bewertung eines „Impfzwangs“. Diskussionen darüber werden umgehend unterbunden!
Nachdem ein Appell des Bayerischen Königs im Jahr 1807 sich gegen Pocken impfen zu lassen, auf wenig Resonanz in der Bevölkerung stieß, wurde kurzerhand ein Gesetz erlassen, dass sich alle über 3-Jährigen bis zum 1. Juli 1808 impfen lassen mussten. Die Pockenimpfpflicht sowie alle gesetzlichen Zwangsimpfungen wurden erst im Jahr 1983 aufgehoben.
Nachfolgend Beispiele aus Noithausen und Elfgen:
„Die Impfung fand am 20.1. und am 24.2.1939 durch Herrn Medizinalrat Dr. Peretti in unserer Schule statt. Mit ganz geringen Ausnahmen – 2 Familien weigerten sich – wurden die Kinder vom 2. – 14. Lebensjahr geimpft.“
„Schutzimpfung. Am 8.10.47 wurde in der Schule die Schutzimpfung gegen Pocken von Herrn Dr. Massia vorgenommen.“
„Die Schulkinder wurden durch den Herrn Amtsarzt Ober-Medizinalrat Dr. Peretti am 15.5.47 gegen Scharlach und Diphtherie schutzgeimpft. Nach Feststellung eines Falles von schwerer ansteckender Tuberkulose wurde bei allen Kindern eine Voruntersuchung auf bazillentragende Kinder in die Wege geleitet, die 14 Kinder als verdächtigt feststellte und deren anschließende Röntgendurchleuchtung in allen Fällen positiv beurteilt wurde. Das sind bei 113 Schulkindern rund 12,4%. Diese erschreckende hohe Zahl liegt wohl in den Ernährungsverhältnissen begründet, denn von den 113 die Schule in Noithausen besuchenden Kindern stammen nur 5 Kinder aus 3 Vollselbstversorger Familien. Wegen Tuberkulose wurde ein weiteres Kind durch den Amtsarzt vom Schulbesuch entbunden und die gesamten Kinder der Schule unter dauernde ärztliche Kontrolle gestellt.“
Dass Schutzimpfungen wohl nötig waren, zeigt ein Beispiel aus Noithausen aus dem Jahr 1909 als es zu einer Masern-Epidemie kam und die Schule für ganze sechs Wochen geschlossen wurde.
„Wegen einer im Orte heftig aufgetretenen Masern-Epidemie war die hiesige Schule vom 19. Mai bis 29. Juni geschlossen. Am 30. Juni wurde der Unterricht wieder aufgenommen.“
Zum Schluss aber auch noch etwas zum „Schmunzeln“, denn in früherer Zeit gab es auch „Verhaltungsvorschriften für die Angehörigen der Erstimpflinge“. Hier sollte das Augenmerk vor allem auf die §§ 3 bis 5 gelegt werden.
„§ 3. Die Kinder müssen zum Impftermin mit reingewaschenem Körper und mit reinen Kleidern gebracht werden.
§ 4. Auch nach dem Impfen ist möglichst große Reinhaltung des Impflings die wichtigste Pflicht.
§ 5. Man versäume eine tägliche sorgfältige Waschung nicht.“
Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023