Inspiriert durch die Veröffentlichung eines Fotos von Christian Nies, einem ehemaligen Bürger aus Grevenbroich, machten sich Heinrich Mindt und Stefan Faßbender, Mitglieder im Geschichtsverein Grevenbroich, auf Spurensuche nach der Herkunft dieses längst vergessenen Namens.
Auf dem ersten Foto ist rechts der damals allseits beliebte Kaufhof (heute: Coens Galerie) mit seinem großen Parkplatz zu erkennen. Die freie Baufläche, auf der Anfang der 1970er Jahre die Sparkasse erbaut wurde, ist links noch vorhanden. Auf beiden Fotos ist aber die Turmspitze der evangelischen Christuskirche Stadtmitte zu sehen.
Woher kommt nun aber der Name „Schlicks Gässchen“?
In der Liste der Baudenkmäler in Grevenbroich ist unter Nr. 198, eingetragen seit dem 26. August 1999, ein Büro- und Wohnhaus auf der Karl-Oberbach-Straße 50 aufgeführt. In der Kurzbeschreibung sind unter anderem folgende Hinweise zu finden: „Das zweigeschossige, dreiachsige Eckhaus mit vertieftem Mansarddach und sich westlich anschließendem niedrigen, flach gedachten Anbau wurde um 1890 (ausweislich historischer Planunterlagen; vor 1895) im Zuge der östlichen Stadterweiterung errichtet. Der einachsige Anbau ist ebenfalls zweigeschossig. Bauherr war ein Rechtsanwalt namens PH. Schlick, der das Gebäude (damals noch Wilhelmstr. 1) als Wohnhaus errichtete.“
Dies war der Rechtsanwalt und Justizrat Philipp Andreas Schlick.
Gemäß der Sterbeurkunde Nr. 89 vom 26. Dezember 1921 starb an Heiligabend 1921 der Rechtsanwalt und Justizrat Philipp Andreas Schlick im Alter von 76 Jahren. Aufgrund des Namens und des Alters muss er der Erbauer des Hauses gewesen sein. Er hinterließ seine Ehefrau Elisabeth Eitel, die am 11. Februar 1932 ebenfalls in Grevenbroich verstarb. Anzeigender war der Gerichtsassessor Joseph Schlick auf den im Folgenden auch noch eingegangen wird. Mehrere Kinder sind ab 1886 in den Personenstandsregistern von Grevenbroich nachweisbar.
Dass es sich jahrzehntelang lediglich um eine Gasse bzw. ein Gässchen gehandelt haben muss, belegen die beiden Fotos aus der Sammlung der Familie Herlitz aus den 1950er Jahren. Wunderschön ist dabei der Verlauf der Gasse zu erkennen, der in keiner Weise der heutigen Karl-Oberbach-Straße entspricht. Unseres Erachtens dürfte es sich um einen Weg (bzw. eine unbefestigte Straße) gehandelt haben, der sich von der „Auf der Schanze“ aus in Richtung Erft und Steinweg immer mehr verjüngt hat.
Den Verlauf (rote Linie) von Schlicks Gässchen haben wir versucht anhand einer alten historischen Karte und einer Beschreibung von Rainer Esser, Facebook-Gruppe „Grevenbroich im Wandel der Zeit“, annähernd zu rekonstruieren. Die Übertragung der roten Linie auf die heutigen Verhältnisse ist der zweiten Karte zu entnehmen.
Der oben genannte Gerichtsassessor Joseph Schlick wurde nach dem Tod seines Vaters ebenfalls Rechtsanwalt und führte eine Kanzlei in Grevenbroich, wie nachfolgender Briefumschlag aus dem Jahr 1927 aufzeigt. Seine Sterbeurkunde ist in Auszügen ebenfalls nachfolgend aufgeführt.
Der Name „Schlick“ lässt sich noch bis Ende der 1970er in Grevenbroicher Unterlagen recherchieren. So ist z. B. im Grevenbroicher Adressbuch 1966/69 unter Wilhelmstr. 1 eine Maria Schlick (Schwester von Joseph Schlick) zu finden ist. Sie starb am 23. Februar 1976 unverheiratet im Grevenbroicher Krankenhaus. Leider ist nicht herauszufinden, ob „Schlicks Gässchen“ daher rührte, dass am Ende der Gasse der Rechtsanwalt Philipp Andreas Schlick sein Wohn- und Bürogebäude in den 1890er Jahren errichtete oder ihm eben sogar ganze Teile der Grundstücksflächen gehörten.
Über weitere Hinweise und auch Bilder würden sich die Autoren als auch der Geschichtsverein sehr freuen. Diese würden wir selbstverständlich unter Nennung des Namens mit in den Beitrag aufnehmen, um dem „Rätsel“ noch ein wenig näher zu kommen bzw. die Gasse in noch mehr Bildern darzustellen.
Kurz nach Veröffentlichung dieses Beitrages erreichte uns bereits die erste Zusendung eines weiteren Fotos zu Schlicks Gässchen. Hierfür danken wir recht herzlich.
Heinz Mindt und Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023
Schöne und interessante Geschichte. Ich gucke in meinen Unterlagen nach. Da dürfte sich noch etwas finden lassen. Übrigens bin ich durch Schlicks Gässchen zur Schule gegangen.
Dies würde uns sehr freuen, da es anscheinend wirklich nur ganz wenige Bilder von der Gasse gibt. Vielen Dank.
Vielen Dank für eure Recherchen!
Schlicks Gässchen war ein Teil unseres täglichen Schulweges, nämlich der Kinder aus dem Bend. Dazu gehörten die Familie Pempel, Familie Dues, Familie Schmitz und Familie Dubbel. Wir waren 8 Kinder, die jeden Morgen im Winter im Dunkeln den nur sehr spärlich beleuchteten Schulweg gehen mussten. Unser Schulweg führte uns vorbei an der Villa von der Familie Schildmacher, dem Gelände der heutigen Sparkasse. An Schlicks Gässchen grenzten Schrebergärten- heute Coensgalerie. An einen Schrebergartenbesitzer kann ich mich nur zu gut erinnern, es war der Volksschullehrer Krex, mein von mir sehr geliebter Klassenlehrer im 1. und 2. Schuljahr. Meines Wissens grenzte der Gundbesitz von Familie Schildmacher direkt an den von Familie Schlick. Zwischen den Gärten verlief ein Wassergraben aus dem Bend kommend, der weiter in die Stadt verlief. Auf einer alten Postkarte konnte ich eine größere Brücke erkennen , am Ende der Kölnerstr., hinter dem heutigen Fahrradgeschäft.
Wir Kinder aus dem Bend haben manchmal im verwilderten Garten der Familie Schlick gespielt. Es gab große Buchen und ein wunderschönes Gartenhäuschen, verziert mit Holzschnitzereien und Mosaikplatten auf dem Boden. Über einen Zaun sind wir in den unwegsamen Garten eingestiegen und haben dort ” Vater, Mutter, Kind” gespielt, aber immer haben wir darauf geachtet, dass niemand uns entdeckte, denn manchmal wurden wir verscheucht, aber an eine konkrete Person, die uns lautstark wegscheuchte, kann ich mich nicht erinnern.
Schlicks Gässchen existiert in meinem Kopf als schmale Gasse mit großen Schlaglöchern, wucherndem Grün, eine grüne Hölle.
Bis die Planierraupen Platz machten für den Bau des Kaufhauses A&C/ Kaufhof.
Vielen Dank für diese ausführliche Beschreibung. Unser “Lohn” ist die Freude der Leser*innen ein Stück “Erinnerung und Heimat” zurückzuholen.
Vielen Dank auch für diesen Kommentarbeitrag. Meine Großeltern, das Ehepaar Baumanns aus der Gartenstraße (heute Röntgenstraße), hatten dort auch einen Schrebergarten, an den ich mich (*1957) noch gut erinnere. Wir gingen dahin immer durch dieses Gässchen. Ich habe auch immer noch die ungewöhnlich große Schubkarre in Lorenform vor Augen, in der ich oft sitzen durfte. Die Sparkasse soll das Grundstück gekauft haben.
Da ich sehr schöne Erinnerungen an meine Großeltern habe, freue ich mich sehr über die vielen interessanten Beiträge, die auch ihr Leben berührt haben.