1931 – Das Jahr der Einbrüche in Grevenbroich

Nachdem wir vor einigen Wochen bereits über den „Ruchlosen Kirchenraub in Kapellen“ berichteten, möchten wir heute einen Einbruch in die Elsener Volksschule darstellen.

StA Grevenbroich, Schulchronik Elsen, Sig. 222

Bevor über den eigentlichen Diebstahl berichtet wird, soll zunächst die o. g. Steinfeier kurz erläutert werden, da eine solche Feier in Elsen sowohl dem Geschichtsverein als auch dem Stadtarchiv Grevenbroich bisher gänzlich unbekannt war. Mit dem Spürsinn von Cornelia Schulte, Vorstandsmitglied im Geschichtsverein und Mitarbeiterin im Stadtarchiv, konnten wir dieses Rätsel jedoch schnell lösen.

Bei der Feier „muss“ es sich um eine der reichsweiten Feiern anlässlich des 100. Todestages von Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein (*25.10.1757 in Nassau, +29.06.1831 in Cappenberg) gehandelt haben. Freiherr vom und zum Stein war preußischer Minister für Wirtschaft und Finanzen in Berlin und gilt auch heute noch als einer der bedeutendsten Staatsreformer in der deutschen Geschichte.

Ein in der Elsener Schulchronik abgelegter Artikel einer unbekannten Zeitung titelt in großen Buchstaben: „Einbruch in die Elsener Volksschule. Die Diebe erbeuteten die Instrumente des Schülerorchesters. Die Diebesbeute wieder herbeigeschafft.“

                „Grevenbroich-Elsen. In die Elsener Volksschule wurde in der Nacht von Freitag auf Samstag ein Einbruch verübt. Den Dieben fielen fast sämtliche Instrumente des Schülerorchesters, darunter auch die Geige des Lehrers, im ganzen vier Geigen und zwei Cellos, in die Hände. Der Diebstahl wurde erst Samstag morgen bemerkt, da das Orchester bei einer Feier spielen sollte. Die Diebe wurden am Samstagvormittag bei Poulheim [Pulheim b. Köln] gestellt. Die gestohlenen Instrumente konnten wieder herbeigeschafft werden.

                Zu der Ermittelung der Elsener Instrumentenräuber erfahren wir noch folgende Einzelheiten: Als ein Landjäger Samstag vormittag eine Streife durch die Feldmark bei Poulheim unternahm, sah er mit dem Feldstecher von ferne zwei schwer bepackte Radfahrer sich nähern. Da es erst 5.30 Uhr war, so vermutete der Beamte, daß es sich um Felddiebe handelte. Er fuhr daher mit seinem Fahrrad auf die […]“

[Anmerkung: Wer sich näher für das Thema Felddiebe und -hüter interessiert, dem empfehlen wir einen Beitrag unseres Arbeitskreises Familienforschung, der im Jahr 2020 hierzu einen Kurzbeitrag veröffentlicht hat. Der Beitrag ist unter: http://s139425345.online.de/der-beruf-des-feldhueters zu finden.]

[…] beiden Leute zu. Diese schlugen sofort eine andere Richtung ein, als sie bemerkten, daß der Beamte sich näherte. Sie benutzten einen schlechten Feldweg, auf dem sie kaum mit den Fahrrädern vorwärts kommen konnten. Ein Radfahrer verlor die Kette. Blitzschnell hatte der Mann den Schaden wieder behoben. Dann ging die tolle Jagd weiter. Als der Beamte sich den beiden etwas genähert hatte und diese auf seinen Halteruf nicht hörten, gab er einen Schreckschuß ab. Aber die Radfahrer hielten nicht. Nun wußte der Beamte, daß die beiden Leute kein reines Gewissen hatten. Einer von beiden hatte wieder eine „Kettenpanne“. Inzwischen war der Beamte bedeutend näher gekommen, da die beiden Radfahrer durch das lästige Gepäck sehr an ihrer Fahrt behindert wurden. Da entschlossen sich beide zu einer verzweifelten Maßnahme. Sie ließen ihre beiden Fahrräder samt dem Gepäck im Stich und flohen querfeldein. In einem Haferfeld konnte der Beamte ihnen noch folgen. Dagegen verlor er sie aus den Augen, als sie in ein Weizenfeld flüchteten.

                Da der Beamte vermutete, die Flüchtlinge würden sich bei einer weiteren Verfolgung wieder an ihre Räder heranmachen und ihn selber seines Fahrzeuges, das er am Weg zurückließ, berauben, ging er zum Wege zurück. Bei der Durchsuchung der Gepäckstücke fand er vier Geigen, die Cellos sowie größere Mengen Nahrungsmittel. Er brachte sämtliche […]“

[…] Fundstücke zum Bürgermeisteramt Poulheim. Gegen Mittag stellte sich heraus, daß es sich bei der Diebesbeute um die Instrumente des Elsener Schulorchesters handelte, die über die Nacht aus der Schule gestohlen wurden. Die Instrumente konnten der Schule wieder ausgehändigt werden. Die Fahrräder wurden sichergestellt. Es wird angenommen, daß die Einbrecher aus Köln stammen und die gestohlenen Sachen nach Köln schafen und dort bei einem Hehler absetzen wollten. Eine Beschreibung der Täter konnte gegeben werden, so daß Aussicht auf ihre Ermittelung besteht.“

Leider ergaben sich bisher keine weiteren Hinweise, ob die Täter jemals ermittelt wurden bzw. die Instrumente wieder rechtzeitig in Elsen waren, um den Schülern des Schulorchesters die Möglichkeit zu eröffnen, bei der Steinfeier mitzuwirken.

Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

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