Grevenbroich – das Kriegerdenkmal

© Achim Kühnel – Das Kriegerdenkmal im Jahr 2022

Am 8.9.1907 wurde das Kreis-Kriegerdenkmal in Grevenbroich feierlich eingeweiht. Das Denkmal ist es wert, an dieser Stelle einmal vorgestellt zu werden. Das Monument diente lange Zeit primär der Erinnerung an die Toten der drei unter dem Ministerpräsidenten Otto von Bismarck geführten preußischen Einigungskriege in den Jahren 1864 – 1871: Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 (um die Herzogtümer Schleswig und Holstein), dem Deutschen Krieg 1866 (gegen Österreich) und dem Deutsch-Französischen Krieg entstand 1871 das preußisch dominierte Deutsche Kaiserreich.

Viele Städte erbauten danach Erinnerungsstätten. In Grevenbroich gab es über einen langen Zeitraum von 33 Jahren keinerlei Bestrebungen für ein solches Denkmal. Warum nicht? Das lag zum einen daran, dass aus der Altstadt Grevenbroich selbst kein Kriegsteilnehmer den „Heldentod“ gestorben war, andererseits aber auch daran, dass Grevenbroich im 19. Jahrhundert nur ein kleines Kreisstädtchen war und ein hinreichendes Selbstbewusstsein der Bevölkerung noch nicht genügend ausgeprägt war (zumal der Landrat über viele Jahre hinweg seinen Dienstsitz gar nicht in Grevenbroich, sondern in Wevelinghoven hatte).

Die Planung

Erst im Juni 1904 bat der 1. Vorsitzende des Kreiskriegerverbandes, Joseph Klepper, den Grevenbroicher Landrat Robert Brüning, den Bau eines solchen Denkmals zu unterstützen. Brüning stand der Idee sehr aufgeschlossen gegenüber, so dass schon wenige Tage später ein „Comité für die Errichtung eines Kreiskriegerdenkmals“ gegründet wurde. Ehrenvorsitzender wurde Alfred Fürst Salm-Dyck zu Schloss Dyck, Vorsitzender war Landrat Brüning selbst. Die Bürgermeister der Kreisorte wurden eingeladen, diesem Komitee beizutreten.

Optimistisch wurde als Tag der Denkmals-Einweihung der 27.2.1906 festgelegt; dies war das Datum der Silberhochzeit von Kaiser Wilhelm II. und seiner Gattin Auguste Viktoria. In der Grevenbroicher Zeitung wurde ein Spendenaufruf zur Sammlung von Geldern für das Denkmal gestartet. Insgesamt kamen über 8.000 Mark zusammen. Aufgrund dieser erfolgreichen Sammlung beschloss der Kreistag im März 1905, diese Summe großzügig auf 30.000 Mark aufzustocken. 

Im Juli 1905 wurde nach einer Ortsbegehung der neu gebildeten fünfköpfigen Jury um den Düsseldorfer Maler Alfred Graf Brühl und den renommierten Bildhauer Professor Karl Jansen von der Kunstakademie Düsseldorf der leere „Platz am Dreieck“ vor dem damaligen Hotel Borrenkort ausgewählt (an der Stelle dieses Hotels steht heute das ehemalige Finanzamt), „wegen seiner günstigen Lichtverhältnisse, der Zugänglichkeit an allen Seiten, der Größe und der außerordentlich günstig aus der Stadt auf ihn zuführenden Hauptstraße“. Der Platz ist deswegen auch heute noch markant, weil hier drei Straßen aufeinanderstoßen: Die Bahnstraße, die Rheydter Straße und die Erckensstraße.

Schon zu dem Zeitpunkt der Standortwahl war klar, dass der ursprünglich geplante Fertigstellungstermin Februar 1906 nicht gehalten werden konnte. Erst musste noch ein Künstlerwettbewerb ausgeschrieben werden mit Auslobung von vier Preisen zu jeweils 500 Mark; Interessenten wurden aufgefordert, bis zum 31.3.1906 ihre Entwürfe zu präsentieren. Insgesamt beteiligten sich 41 Künstler an diesem Wettbewerb. Anfang April wurden die Entwürfe zwei Tage lang der Öffentlichkeit in der Turnhalle des Progymnasiums (heute Erasmus-Gymnasium) vorgestellt.

Auftragsvergabe und Einweihung

Am 9. April 1906 entschied sich die Jury für den Entwurf „Helden“ des erst 32 Jahre alten Künstlers Joseph Hammerschmidt aus Düsseldorf-Oberkassel, der an der Kunstakademie unter Professor Karl Jansen studiert hatte, eben jenes Mannes, der auch Mitglied in der Jury zur Auswahl des Denkmals war. Joseph Hammerschmidt war damals schon ein namhafter Künstler, er schuf 1909 auch das Neusser Theodor-Schwann-Denkmal an der „Alten Post“.

Der ausgewählte Entwurf passte so gar nicht in die damalige Zeit des vorherrschenden Nationalismus mit seinem „Hurra-Patriotismus“: Es ist sozusagen vollkommen aus der Zeit gefallen und zeigt auf einer ein- bzw. zweistufigen Granit-Plattform zwar eine Bekrönung in Form eines Bronzeadlers, der mit ausgebreiteten Schwingen die Kriegsbeute bewacht, seitlich auf der Plattform steht jedoch ein alter Veteran (auch aus Bronze), der sich – müde und von Gram gezeichnet auf seinen Gehstock stützend – zum Gruß der Gefallenen herunter beugt und einen Lorbeerkranz niederlegt.

Das Denkmal kostete 29.532,32 Reichsmark. Auf der ausladenden Pfeilerbasis aus Granit steht die Inschrift „Unsern gefallenen Kameraden“. Auf der linken, rechten und der Rückseite des Denkmals sind unter der Inschrift „Es starben den Heldentod für König und Vaterland“ auf Tafeln die Namen der 62 Gefallenen der Einigungskriege verzeichnet.

Die Einweihung fand am Sonntag, dem 8. September 1907, statt, dem Sonntag nach dem „Sedantag“ (2. September), der in dieser Zeit an die Kapitulation der französischen Armee 1870 erinnerte. Die Veteranenfigur wurde im Volksmund „dä alde Blank“ genannt, weil er angeblich dem Metzger und Wirt Konrad Blank (1824 – 1906) ähnlich sehen würde. Er hatte am Deutsch-Französischen Krieg teilgenommen, und wusste davon oft in seiner Gaststätte an der Bahnstraße zu erzählen.

© StA Grevenbroich – Das Kriegerdenkmal im Jahr 1907

Das Denkmal im Stadtbild

In der Zeit von 1907 bis 1914 erntete das Denkmal dann auch häufig Kritik, weil es eben nicht die Freude an Kampfes- und Siegestaten und stolze Glorie ausdrückte, sondern Mitleid(en) und Empathie.

Später wurden – als Zugeständnis an den Zeitgeist – rechts und links neben dem Denkmal zwei Kanonen aufgestellt, die aber nach dem 1. Weltkrieg sehr schnell wieder verschwanden.

Überhaupt verstummte nach dem verlorenen 1. Weltkrieg die Kritik; den besonderen Wert und die Aussagekraft des Denkmals erkannte schon der Gymnasialprofessor und Autor des Grevenbroicher Heimatbuches Anton Zumbusch im Jahr 1925, als er schrieb, dass die Bewohner des Kreisstädtchens durch ihr Denkmal zeigten, „wes Geistes Kind“ sie seien, denn aus ihm spreche kein „Hurra-Patriotismus, sondern nur echtes menschliches Fühlen.“

Im 2. Weltkrieg wurde das Denkmal stark beschädigt; die „Wunden“ im Fundament und in den Pfeilern kann man auch heute noch sehen (insbesondere an der Rückseite).

© Sammlung Dr. Friedrich Schmitz – Das Kriegerdenkmal im Jahr 1945

Seit 1984 steht das Kriegerdenkmal unter Denkmalschutz. Am Tag der Wiedervereinigung, dem 3.10.1990, wurde der Platz in „Platz der Deutschen Einheit“ umbenannt; er hieß früher „Siegesplatz“. 1990 wurde auch das Denkmal um eine Bodenplatte ergänzt: In Inschriften wird nun auch an die Opfer der Weltkriege, an die Ermordeten während der NS-Gewaltherrschaft und an das Leid der Kriegsvertriebenen erinnert.

Achim Kühnel für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

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