Schausteller auf der Wevelinghovener Kirmes in den Jahren 1926 bis 1928

Heute geht der Geschichtsverein fast 100 Jahre in der Zeit zurück, um zu zeigen, mit welchen Attraktionen die Wevelinghovener zu ihrem Schützenfest zu begeistern waren. Übrigens fand die Wevelinghovener Spätkirmes damals erst am dritten Wochenende im September statt, also gut vier Wochen später als heute.

1926

Im August 1926 bewarb sich ein Herr Friese aus Lemgo, um seine „Brasilianische Urwaldschau“ darzubieten. Auf einer Fläche von 16 x 7 Metern zeigte er Eisbären, Zebras, Tiger, Lamas, Schlangen und Affen. Ob auch Urwaldbewohner aus Brasilien „ausgestellt“ wurden, ist aus dem Schriftwechsel mit dem Veranstalter nicht zu entnehmen. Anzumerken ist jedoch, dass es seit Anfang des 19. Jahrhunderts bis weit ins 20. Jahrhundert zu sogenannten „Freak-Shows“ kam, in denen ungewöhnliche Menschen, wie z. B. der „Löwenmensch“, „Zwerge“, „Frauen mit Bärten“ oder der „Elefantenmensch“, auf menschenverachtendste Weise vorgeführt wurden.

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103
© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103

Der auch noch heute im Kirmesgewerbe tätigen Grevenbroicher Schaustellerfamilie Deden wurde u. a. der Speiseeisverkauf erlaubt. Allerdings erstreckte sich die Erlaubnis nicht auf den Verkauf im Festzelt. Außerdem wurde darauf aufmerksam gemacht, dass der Wevelinghovener Eisverkäufer Kames ebenfalls eine Erlaubnis zum Verkauf erhalten hatte.

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103

Insgesamt hatte man der Familie Deden drei Plätze zugewiesen, darunter auch einen Platz für einen Pony-Wagen. Auch wenn früher die meisten Haushalte eigene Haustiere hatten, dürfte es – wie auch heute noch – ein „Highlight“ für die Kinder gewesen sein, auf einem kleinen Pony im Kreis zu reiten.

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103

1927

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103 – Komet am 20.08.1927

Oben dargestellt ist der Aufruf der Stadt Wevelinghoven zur Vergabe von Standplätzen auf der Herbstkirmes 1927. Im Jahr 1927 waren Geld- und Würfelspiele nicht zugelassen. Welche Beliebtheit das Wevelinghovener Schützenfest bereits vor fast 100 Jahren genoss, ist der Anzeige ebenfalls zu entnehmen: „An den Festlichkeiten nehmen die Einwohner der benachbarten Stadt Grevenbroich und der umliegenden Landgemeinden sehr regen Anteil.“ Laut der Anzeige mussten die Schausteller ihre Anträge unter Beifügung einer Fotografie einreichen. Leider sind diese Fotografien nur noch zum Teil im Archiv vorhanden und können uns heute nur noch einen kleinen optischen Eindruck jener Zeit vermitteln.

Allerdings dürfte Hans Mockens „Rheinische Verlosungshalle“ sowohl bei Jung als auch bei Alt für glänzende Augen gesorgt haben, wenn man die dortige Auslage näher betrachtet. Neben Puppen und Teddybären ist auch eine große Anzahl von Kochtöpfen und Wasserkesseln zu erkennen. Leider ist der ursprüngliche Antrag, aus dem man eventuell noch den Lospreis oder gar weitere Gewinne hätte entnehmen können, nicht mehr vorhanden.

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Fotobestand zu Nr. 2103

Im Jahr 1927 dürften jedoch „Die Todesverächter“ für Aufsehen und das Tagesgespräch gesorgt haben, denn nicht nur zwei Herren sondern auch eine Dame begaben sich mit Fahr- und Motorrädern in eine Steilwand. In seinem Bewerbungsbogen schreibt der Schausteller: „Es ist dies eine Höchstleistung artistischen Könnens.“

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103

1928

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103

Aufgrund der oben dargestellten Anzeige meldete sich bereits am 14.08.1928 die Schaustellerfamilie Franz Graf & Sohn, um einen Platz zum Kirmes- und Schützenfest in Wevelinghoven zu erhalten. Eine durchaus nette und ansprechende Anfrage zu einem sehr aussergewöhnlichen „Fahrgeschäft“, welches der Geschichtsverein eher in die NS-Zeit eingeordnet hätte. Zu beachten ist aber auch der Preis bei Gewinn des Spieles.

„An die Polizei-Verwaltung Wevelinghoven. Bezugnehmend auf Ihre Anzeige im Komet, erlaube ich mir die Anfrage, ob ich zur Kirmes u. Schützenfest Platz erhalten kann, für mein Fliegerbomben-Abwurfspiel 3 m Ø Rundgeschäft, zum Ausspielen von Schokolade. Es ist dieses ein modernes einwandfreies und sauberes Geschäft, welches bei den Behörden auf allen Plätzen, welche ich bisher besucht habe, größten Anklang gefunden hat. Photografie und Gutachten füge ich anbei. In der Hoffnung auf zusagenden Bescheid zeichnet,                           Hochachtungsvoll!

Rich. Graf

1 Photo

1 Gutachten

1 Freiumschlag

N.B.       Bei Zusage bitte ich um Mitteilung, welches die nächste Güterstation ist.“

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103

Die beigefügte Fotografie und das Gutachten zum „Fliegerbomben-Abwurfspiel“ sind im Archiv ebenfalls erhalten geblieben und werden nachfolgend abgebildet. Bei genauer Betrachtung des Fotos sind auch noch die Flugzeuge zu erkennen. Das Gutachten beschreibt in detaillierter Weise sowohl das Spiel selbst als auch die Chancen, bei diesem Spiel einen Preis zu gewinnen.

© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Fotobestand zu Nr. 2103
© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103
© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103
© StA Grevenbroich, Bestand Wevelinghoven, Nr. 2103

Stefan Faßbender für den Geschichtsverein Grevenbroich, 2023

Ein Gedanke zu „Schausteller auf der Wevelinghovener Kirmes in den Jahren 1926 bis 1928“

  1. Was für ein toller Artikel und was für tolle Kirmesattraktionen schon in den 1920er Jahren. Und wirklich neu entdeckte Bilder aus dem Stadtarchiv… Daumen hoch!

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